Definition von Employer Branding und ihre Wirkung auf dem Arbeitsmarkt

8. September 2023
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Lesezeit: 12 Minuten

In der heutigen Arbeitswelt sehen sich Unternehmen mit einer Reihe neuer Herausforderungen konfrontiert. Der anhaltende Fachkräftemangel erfordert nicht nur innovative Ansätze in der Rekrutierung, sondern auch wirksame Strategien zur langfristigen Bindung von Mitarbeitenden. 

Hierfür ist Employer Branding ein vielversprechender Ansatz. Dabei wird mit der gezielten Steigerung der Arbeitgeberattraktivität, nicht nur die Inspiration und Leistungsbereitschaft aktueller Mitarbeitenden gesteigert, sondern auch sichergestellt, dass das Unternehmen als Vorreiter und attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen wird. 

Doch was genau steckt hinter diesem Konzept? In diesem Beitrag werden wir in die Welt des Employer Brandings eintauchen, die Bedeutung und die Auswirkungen erkunden und praktische Schritte für den Aufbau einer starken Arbeitgebermarke aufzeigen.

Was ist Employer Branding? 

Per Definition ist Employer Branding der strategische Prozess, bei dem ein Unternehmen aktiv an der Gestaltung und Kommunikation seiner Arbeitgebermarke arbeitet. Das Ziel ist es, Bekanntheit und Ruf als Arbeitgeber:in bei Mitarbeitenden, Bewerber:innen und weiteren Interessensgruppen zu steigern oder zu verbessern.

Der Employer Brand, also die Arbeitgebermarke, ist ein integraler Bestandteil der Unternehmensmarke und soll im gesamten Prozess ein authentisches und kohärentes Gesamtbild des Unternehmens schaffen und bewahren. Durch Authentizität im internen und externen Auftritt kann sich das Unternehmen nachhaltig im Wettbewerb positionieren und geeignete Mitarbeitende gewinnen und halten, die zum Unternehmen passen. 

Die Wirkung von Employer Branding

Interne und externe Effekte

Die Arbeitgeberwerte, die Unternehmenskultur und Leistungen des Unternehmens als Arbeitgeber:in werden intern weiterentwickelt und erlebbar gemacht. Anschliessend werden diese Aspekte nach aussen über verschiedene Kommunikationskanäle getragen. Somit wirkt Employer Branding immer sowohl nach innen als auch nach aussen.

Eine Arbeitgebermarke kann nicht "nicht kommunizieren"

Im Prinzip besitzt jedes Unternehmen bereits eine Arbeitgebermarke. Denn das Auftreten jedes Unternehmens beeinflusst bereits die äussere Wahrnehmung und Meinungsbildung ihrer externen Zielgruppen gegenüber dem Unternehmen als Arbeitgeber:in. Die Marke ist also ständig präsent und kommuniziert stets - gewollt oder nicht. 

Das heisst, Meinungen über Marken bilden sich, egal ob sich ein Unternehmen aktiv dafür einsetzt oder nicht. Den Markenwert gilt es also regelmässig zu prüfen und in die gewünschte Richtung weiterzuentwickeln

Die Vorteile von Employer Branding

Unternehmen, die ihre interne und externe Markenbildung als Arbeitgeber:in positiv vorantreiben, profitieren von verschiedenen Vorteilen:

  • Bekanntmachung und Stärkung des Images
    Authentizität und Transparenz nach aussen sorgen dafür, dass Arbeitgeber:innen ein höheres Ansehen geniessen. Das ermutigt potenzielle Kandidat:innen eher, sich beim Unternehmen zu bewerben. 
  • Wettbewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt
    Eines der Ziele von Employer Branding ist, die Attraktivität der Arbeitsumgebung hervorzuheben. Es zeigt, was die Arbeitgeber:in einzigartig und besonders macht und hebt sie von der Konkurrenz ab. 
  • Qualitativ bessere Bewerbungen
    Mit Employer Branding sprechen Unternehmen ihre Zielgruppen besser an. Das führt dazu, dass schneller passende Kandidat:innen für offene Stellen gefunden werden. 
  • Zeit- und Kosteneinsparung in der Rekrutierung
    Nicht nur die Optimierung von internen Prozessen, sondern auch die Weiterentwicklung der Marke sorgen schliesslich für einen einfacheren und schnelleren Rekrutierungsprozess, wodurch Kosten gespart werden. 
  • Höhere Mitarbeiterbindung
    Ein weiteres Ziel von Employer Branding ist die Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit, was die Fluktuationsrate senkt. Das sorgt für weitere Kosteneinsparung.  
  • Erhöhung der Identifikation und Leistungsbereitschaft
    Eine wertschätzende Unternehmenskultur sorgt dafür, dass sich die Mitarbeitenden eher mit dem Unternehmen identifizieren. Das fördert ihre Motivation und erhöht die Produktivität.

Diese Zahlen sprechen für den Einsatz von Employer Branding

Aussagekräftiges Employer Branding hat nachweislich einen Einfluss auf die Personalrekrutierung und -bindung, wie die folgenden Ergebnisse aus verschiedenen Studien verdeutlichen:

  • 75% der Bewerber:innen geben an, dass der Ruf eines Unternehmens eine wichtige Rolle bei der Suche nach neuen Karrieremöglichkeiten spielt.
  • 77% der Arbeitssuchenden wollen sich über die Kultur und die Werte eines Unternehmens informieren, bevor sie sich für eine offene Stelle bewerben. 
  • 69% aller befragter Bewerber:innen würden ein Angebot von einem Unternehmen mit einer schlechten Arbeitgebermarke ablehnen - selbst wenn sie arbeitslos wären. Das heisst, für mehr als die Hälfte der Arbeitssuchenden reicht die Arbeitslosigkeit alleine nicht aus, um eine negative Arbeitgebermarke zu überwinden.
  • 41% der passiven Bewerber:innen würden eine neue Stelle ohne Gehaltserhöhung annehmen, wenn dafür die Arbeitgebermarke attraktiv ist. 
  • 76% aller Arbeitssuchenden würden sich eher bei einem Unternehmen bewerben, bei dem es Programme zur Aus- und Weiterbildung gibt. Ein solide Karriereentwicklung zieht demnach Fachkräfte an und hält sie länger in der Firma.

Unterschied zwischen Employer Branding und Personalmarketing 

Employer Branding und Personalmarketing sind zwei Begriffe, die eng miteinander verbunden sind. Beide spielen eine Rolle im Bereich der Personalgewinnung und -erhaltung. Sie sollten als komplementär betrachtet werden, da sie sich gegenseitig ergänzen und deshalb gemeinsam besonders effektiv funktionieren. Dennoch sprechen wir von unterschiedlichen Konzepten. 

Employer Branding: Die strategische Grundlage

Employer Branding befasst sich mit der strategischen Positionierung und der gelebten Identität als Arbeitgeber. Aus der Verbindung von Marketing, HR und Organisationsentwicklung entsteht ein positives Arbeitsumfeld, wodurch das  Unternehmen qualifizierte Mitarbeiter:innen anzieht, motiviert und langfristig halten kann. Dieser strategische Prozess konzentriert sich auf die Wahrnehmung, Bekanntheit und Reputation eines Unternehmens und bildet die Grundlage für das Personalmarketing.

Employer Branding Massnahmen

  • Schaffung einer einzigartigen Arbeitgeberpositionierung zur Differenzierung auf dem Arbeitsmarkt 
  • Aufbau und Gestaltung einer positiven Wahrnehmung und eines guten Rufs als attraktiver Arbeitsort 
  • Weiterentwicklung von Unternehmenskultur, Werten und Arbeitsbedingungen
  • Zielgruppenorientierte, cross-mediale Kommunikation
  • Optimierung der Candidate und Employee Journey

Personalmarketing: Die operative Umsetzung

Personalmarketing hingegen ist handlungsorientiert. Es beschäftigt sich mit der Umsetzung operativer Massnahmen, um die Gewinnung und Bindung von Fachkräften zu sichern. Hierbei werden gezielte Marketing- und Kommunikationsstrategien im Personalbereich angewendet, um die Unternehmensziele zu erreichen. Hier wird oftmals zwischen internen und externen Massnahmen differenziert.

Interne Massnahmen des Personalmarketings

  • Digitale Kommunikation über das Intranet, interne Newsletter oder Mitarbeiter-Apps
  • Teamevents, Onboarding Veranstaltungen oder Teambildungsmassnahmen
  • Talentförderung- und Karriereprogramme sowie Aus- und Weiterbildungen
  • ESG (Environmental, Social und Governance) sowie CSR (Corporate Social Responsability) Initiativen

Externe Massnahmen des Personalmarketings

  • Online Auftritt über Stellenanzeigen, Website, Content Marketing, Social Media, Bewertungsplattformen etc.
  • Corporate Influencer Marketing
  • Hochschulmarketing und Teilnahme an Karrieremessen
  • Recruiting Events, Schnupperangebote oder Tag der offenen Tür
  • Offline Kommunikation über Broschüren, Flyer, Printanzeigen etc.

Wie Arbeitgebermarken immer wichtiger wurden

Das Konzept von Arbeitgebermarken existiert bereits seit den späten 1990er Jahren, als die Knappheit von hochqualifizierten Fach- und Führungskräften stieg. Nur wenige mutige Arbeitgeber:innen erkannten die Herausforderung und verstanden es, das Konzept von Employer Branding erfolgreich umzusetzen. Die Mehrzahl hingegen versäumte es, dessen Vorteile zu nutzen und beschränkte sich auf kostspielige Marketingkampagnen. Der Fokus änderte sich um das Jahr 2007. Während der Finanzkrise setzten innovative Unternehmen vermehrt auf die Mitarbeiterbindung. Seither gewinnt das Befassen mit der Unternehmenskultur und des Employer Brandings stetig an Bedeutung.

Unterdessen hat sich das Bewusstsein um Arbeitgebermarken stark verändert. Der "Fachkräftemangel" ist in aller Munde. Auch in der Schweiz. Ende 2022 erreichte der Fachkräftemangelindex hierzulande einen historischen Höchststand. Doch der Arbeitskräftemangel und damit einhergehende Recruiting-Schwierigkeiten sind noch lange nicht auf dem Höhepunkt. Im dritten Quartal 2022 gab es laut dem Bundesamt für Statistik etwa 124‘000 offene Stellen in der Schweiz, so viele wie seit 2003 nicht mehr. Ende 2022 waren also 34‘000 mehr offene Stellen gemeldet als Arbeitslose - was einen weiteren Rekordwert darstellt. 

Eine wesentliche Ursache für den Arbeitskräftemangel ist der demografische Wandel. Das heimische Arbeitskräftepotenzial wird aufgrund der alternden Gesellschaft drastisch schrumpfen. Die geburtenstarke Babyboomer-Generation geht in Pension und hinterlässt weniger Nachkommen. Die Eintritte in den Arbeitsmarkt gleichen die Austritte heute erstmal nicht mehr aus. Bis 2025 soll sich diese Lücke verdreifachen. Es wird erwartet, dass dieser Engpass im Jahr 2030 seinen Höhepunkt erreichen wird. 

Dieser Trend stellt für zahlreiche Industrieländer ein nur schwer zu bewältigendes Problem auf dem Arbeitsmarkt dar. Umso wichtiger ist es, dass Arbeitsplätze von einer positiven Unternehmenskultur geprägt sind. So bleiben bestehende Mitarbeitende länger im Unternehmen und sind durch eine höhere Identifikation eher bereit, mehr zu leisten. Und hier setzen eine durchdachte Strategie und damit einhergehende Massnahmen des Employer Brandings an.

Grafik: Ein- und Austritte im Schweizer Arbeitsmarkt, Quelle: swissinfo.ch

Wer ist verantwortlich für die Entwicklung einer Arbeitgebermarke? 

Um erfolgreich eine Arbeitgebermarke aufbauen zu können, ist es unverzichtbar, folgende Parteien aktiv in den Prozess zu involvieren: 

  • Die Geschäftsleitung ist die treibende Kraft, die den Employer Brand als integralen Bestandteil in der Unternehmensidentität und -strategie verankert. Die GL vermittelt die zentralen Werte und macht die Arbeitgebermarke über alle Stufen hinweg erlebbar.
  • Mit der Fachexpertise des Marketings wird die Arbeitgebermarke konsequent und auf überzeugende Weise präsentiert, so dass sie im Einklang mit der Unternehmensmarke bleibt und intern wie extern ein stimmiges Gesamtbild besteht.
  • Die HR besitzt das einmalige Know-how über die Zielgruppe. Die Personalabteilung kennt die Bedürfnisse und die Besonderheiten der Mitarbeitenden und Kandidaten und stellt sicher, dass der Markenauftritt relevant und attraktiv bleibt. Im Weiteren hat die HR massgeblichen Einfluss auf die internen Prozesse und ermöglicht über alle Touchpoints hinweg eine positive Erfahrung mit dem Arbeitgeber.

Letztlich obliegt die Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung. Sie bestimmt den strategischen Kurs und lebt die Unternehmenswerte vor. Die entscheidende Frage dreht sich daher mehr um die Projektleitung. Soll sie in den Händen des Marketing-Teams oder der Personalabteilung liegen? Dieser Entscheid ist von der internen Organisationsstruktur sowie den Motivatoren und Fähigkeiten der Beteiligten abhängig. Unabhängig davon, wer die Leitung übernimmt, eine enge Zusammenarbeit und kontinuierlicher Informationsaustausch zwischen beiden Abteilungen sind unerlässlich.

Eine weitere wichtige Rolle

Neben den genannten Akteur:innen nehmen die aktuellen Mitarbeitenden ebenfalls eine grosse Rolle ein. Ihr Einbezug ist elementar, denn sie haben einzigartige Einblicke in die Arbeitskultur sowie die Herausforderungen im Alltag. Es sind ihre vielfältigen Perspektiven und Erfahrungen, die Authentizität im Arbeitgeberauftritt gewährleisten. 

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass im Verlauf des Projekts genau diese Mitarbeitenden zu den besten Botschafter:innen (Corporate Influencer) werden. Ihre Einbindung in das Konzept des internen Employer Brandings schafft früh eine starke Identifikation, mit der sich die Marke souverän nach aussen tragen lässt.

Lese hier mehr über die Verantwortlichkeiten im Employer Branding
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Elise Bourgeois
Employer Branding Specialist
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